Facharzt, Forschung und Familie – wie das Clinician Scientist Program die Vereinbarkeit ermöglicht Clinician Scientist Programm: Interview Dr. Jasper Prüßmann

Dr. med. Jasper Prüßmann, Teilnehmer des DDG/ADF Clinician Scientist Program der Deutschen Stiftung für Dermatologie, im Gespräch über sein Forschungsprojekt zu blasenbildenden Autoimmunerkrankungen und die möglichen Auswirkungen vom Einsatz von Checkpoint-Inhibitoren auf Pemphigoid-Erkrankungen. Dr. Prüßmann arbeitet als Assistenzarzt an der Hautklinik des Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck.
„Das Clinician Scientist Program hat für mich eine zentrale Bedeutung für die Vereinbarkeit meines Berufs als forschender Arzt mit meiner Familie. Ich kann meine fünf und zwei Jahre alten Kinder aktiv beim Aufwachsen begleiten, weil die Freistellung von klinischen Aufgaben für ein Jahr mir erlaubt, Forschungstätigkeiten während der Arbeitszeit zu erledigen.“ Jasper Prüßmann
Frage: Herr Dr. Prüßmann, was hat Sie motiviert, sich für das Clinician Scientist Program zu bewerben?
Dr. Jasper Prüßmann (JP): Um als Assistenzarzt während der Arbeitszeit im Labor Forschung betreiben zu können, benötigt man finanzielle Mittel, welche die Freistellung von Aufgaben in der Patientenversorgung erlauben. Das Clincian Scientist Program bietet genau das.
Frage: Sie beschäftigen sich in Ihrer Forschung mit Pemphigoid-Erkrankungen und mit Auswirkungen des Mangels an PD-1-Signalen. Blasenbildende Autoimmunerkrankungen wie das bullöse Pemphigoid sind mit zwei Neuerkrankungen auf 100.000 Einwohner/Jahr selten. Was hat Sie an dieses spezielle Thema herangeführt? Was macht die Forschung zu diesen Erkrankungen so faszinierend und zugleich herausfordernd?
JP: Die Behandlung von Krebspatientinnen und Krebspatienten führt bei mindestens der Hälfte von ihnen zu immunologischen Nebenwirkungen, welche sehr häufig die Haut betreffen. Während meistens unspezifische Entzündungsreaktionen beobachtet werden, tritt jedoch bei etwa jeder hundertsten Person während der Therapie erstmals ein bullöses Pemphigoid auf. Da ich mich während meines Postdoc an der Harvard Medical School intensiv mit der T-Zell-Immunreaktion im Melanom beschäftigte und wir in Lübeck einen Schwerpunkt in der Erforschung der bullösen Autoimmundermatosen (BAID) haben, erschien mir die Synthese beider Gebiete als reizvolles Projekt. Auch, weil die dauerhafte Blockade des PD-1 Rezeptors in Mäusen in der Regel ohne Nebenwirkungen bleibt und so ein brauchbares Krankheitsmodell zur Erforschung dieser relevanten Nebenwirkungen bislang fehlt. Während die Pathogenese der BAID bereits in vielen Details beschrieben wurde, wird mit diesem Projekt Neuland betreten, denn die Rolle von Immuncheckpoints in diesen Autoantikörper-vermittelten Erkrankungen wurde noch nicht untersucht. Sie könnte jedoch wichtige Erkenntnisse in Bezug auf das Management der Immuntherapie liefern.
Frage: Das Thema Ihrer Arbeit lautet „Impact of PD-1 signaling deficiency on pemphigoid diseases“. Was untersuchen Sie im Detail und was ist das Ziel Ihrer Arbeit?
JP: Es geht darum, herauszufinden, ob und wie PD-1 Signale die Entzündungsreaktion in Pemphigoid-Erkrankungen regulieren. Bislang geht man davon aus, dass die in der Haut bindenden Autoantikörper über Komplementaktivierung und Fc-Rezeptoren Granulozyten anlocken und aktivieren. Daraufhin kommt es zur Ausschüttung von Proteasen und reaktiven Sauerstoffspezies, welche die Verbindung von Dermis und Epidermis zerstören. Dies führt zu Blasenbildung und Erosionen. Sobald die Autoantikörper vorhanden und pathogen sind, lösen sie diese Entzündungsreaktion aus, welche wir Effektorphase nennen. In dieser ist bisher keine Rolle für den PD-1 Rezeptor oder allgemein T-Zellen, welche typischerweise PD-1 in der Haut exprimieren, festgestellt worden. Wir nutzen ein Mausmodell für diese Effektorphase von Pemphigoid-Erkrankungen und wollen herausfinden, ob die Granulozyten dominierte Entzündung durch den PD-1 Rezeptor reguliert wird und über welchen Zelltyp dies geschieht.
Frage: Welche Besonderheiten zeichnen den Forschungsstandort Lübeck aus?
JP: Die medizinisch-biologische Forschung steht im Fokus, was damit zusammenhängt, dass Lübeck im nationalen wie internationalen Vergleich ein kleiner Standort ist. In den letzten Jahrzehnten hat sich jedoch gezeigt, dass hervorragende Arbeit geleistet wurde, häufig durch enge interdisziplinäre Zusammenarbeit. Für Außenstehende wird dies beispielsweise durch die Errichtung neuer universitärer Forschungsgebäude oder die Gründung der Fraunhofer Einrichtung vor einigen Jahren deutlich.
Frage: Was bedeutet das Clinician Scientist Program für Sie persönlich? Was ist Ihr Zwischenfazit?
JP: Das Clinician Scientist Program hat für mich eine zentrale Bedeutung für die Vereinbarkeit meines Berufs als forschender Arzt mit meiner Familie. Ich kann meine fünf und zwei Jahre alten Kinder aktiv beim Aufwachsen begleiten, weil die Freistellung von klinischen Aufgaben für ein Jahr mir erlaubt, Forschungstätigkeiten während der Arbeitszeit zu erledigen. Dies ist in den letzten Monaten sehr gut gelungen, sodass meine Frau ebenfalls als Clinican Scientist im Rahmen eines Exzellenzclusters arbeiten kann.
Vielen Dank für das Gespräch!