Neben Adrenalin-Pen nun eine zusätzliche Option für Notfallbehandlung Anaphylaxie: Epinephrin-Nasenspray jetzt auf dem deutschen Markt verfügbar

Zum Notfall-Set für Patientinnen und Patienten mit bekannten schweren Allergien und einem Risiko für Anaphylaxie gehört neben trinkbarem Antihistamin und Kortison der Adrenalin (Epinephrin)-haltige Injektions-Pen für die intramuskuläre Gabe in den Oberschenkel.
Obwohl die Handhabung mit den Betroffenen besprochen und geübt wird, zeigen wissenschaftliche Daten, dass der Injektions-Pen trotz seiner erwiesenen Wirksamkeit von den Patientinnen und Patienten mitunter zurückhaltend eingesetzt wird. Untersuchungen zur Anwendungsrealität des Autoinjektors haben ergeben, dass Betroffene in Notfällen zwar ihr Set dabeihaben, den Adrenalin-Pen jedoch nicht einsetzen. Daten aus dem European Anaphylaxis Register (2018) ergaben bei 10.184 untersuchten Anaphylaxie-Fällen, dass über 22% von ihnen zwar beim Auftreten der anaphylaktischen Reaktionen ein Gerät bei sich hatten, es aber nicht nutzten.
Das kann mit einer „Angst vor der Nadel“ zu tun haben, auch wenn der Pen nicht wie eine Spritze aussieht. Das Epinephrin-Nasenspray, das jetzt auch in Deutschland erhältlich und für Patientinnen und Patienten mit einem Körpergewicht von mehr als 30 kg gedacht ist, bildet daher eine zusätzliche Option für die Notfallbehandlung.
Pharmakokinetische und pharmakodynamische Studien deuten darauf hin, dass nicht injizierbare Adrenalin-Verabreichungswege (z. B. intranasal und sublingual) Adrenalinspiegel erreichen können, die denen einer intramuskulären Verabreichung mittels Autoinjektor entsprechen.
Das Notfall-Adrenalin-Nasenspray wurde im Juni 2024 von der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) und dann im September 2024 von der Europäischen Kommission zugelassen. Seit kurzer Zeit ist es auf dem deutschen Markt verfügbar.
Die Kosten sind höher als die für den Injektions-Pen und belaufen sich für eine 2er-Packung auf etwa 300 Euro. Es wird empfohlen, stets zwei Notfall-Nasensprays im Notfall-Set mitzuführen. Die Anfangsdosis ist eine einmalige nasale Gabe von 2 mg Adrenalin – sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern. Wenn nach zehn Minuten keine Besserung eintritt, soll eine zweite Dosis in dasselbe Nasenloch gegeben werden und gleichzeitig weitere medizinische Notfallmaßnahmen durchgeführt werden.
Die Handhabung ist unkompliziert. Nach Abziehen der Folie wird das Spray mit dem Daumen am unteren Ende des Kolbens und jeweils einem Finger auf beiden Seiten des Sprühkopfes festgehalten. Wichtig: Es dürfen keine Test- oder Vorabsprühstöße abgegeben werden, da immer nur eine Dosis enthalten ist. Die Spitze des Sprays wird in ein Nasenloch eingeführt, bis die Finger die Nase berühren. Der Sprühkopf ist in der Nase gerade zu halten und soll nicht zur inneren oder äußeren Nasenwand geneigt werden. Der Kolben wird dann kräftig nach oben gedrückt, bis er einrastet und einen Sprühstoß abgibt.
Als häufige Nebenwirkungen werden Missempfindungen an der Nase, seltener auch Halsschmerzen, Kopfschmerzen und innere Unruhe genannt.
Erste klinische Daten zu Anwendung des intranasalen Adrenalins bei Anaphylaxien liegen bei Kindern aus Japan vor, die eine Nahrungsmittelprovokation erhielten sowie von 545 weiteren Personen aus den USA. Dort konnten 89,2% der anaphylaktischen Reaktionen mittels einer Dosis des nasalen Adrenalins beherrscht werden, 10,5% brauchten eine zweite Dosis. Dieses entspricht den vorbekannten Daten bei intramuskulärer Gabe des Adrenalins.
Das Nasenspray hat das Potenzial, Allergikerinnen und Allergikern die Scheu vor der Anwendung des Notfallmedikamentes Adrenalin zu nehmen. Auch Helfenden könnte es leichter fallen, ein Nasenspray anstelle eines Injektions-Pens zu verabreichen. Ob eine Patientin oder ein Patient das Adrenalin-Nasenspray für das Notfall-Set verschrieben bekommen sollte, ist individuell im Gespräch zu klären. Eine erste Experteneinschätzung aus Deutschland zur Gabe des intranasalen Adrenalins ist im Septemberheft der Zeitschrift Allergologie veröffentlicht worden. Adrenalin-Autoinjektoren sind derzeit die empfohlene Methode zur Verabreichung von Adrenalin in Notfallsituationen, außer im perioperativen Bereich. „Nadelfreie“ Alternativen könnten als zusätzliche Optionen für die Behandlung von Anaphylaxie dienen.
Literatur:
R. Treudler, K. Brockow, K. Beyer, L. Klimek, L. Lange, S. Schnadt, J. Ring und M. Worm.Adrenalin Nasenspray im Notfallmanagement – eine erste Experteneinschätzung. 2025; 48: 477-483. doi: 10.5414/ALX2590E.