WHO-Gesundheitsthemen: Hautkrankheiten als neue Krankheitsgruppe

Neu im Katalog der WHO-Gesundheitsthemen:
World Health Assembly (WHA) beschließt Aufnahme von Hautkrankheiten als 36. Krankheitsgruppe
Gastbeitrag: Prof. Dr. med. Ulrich Mrowietz
Deutsche Dermatologen unterstützen erfolgreich die Aufnahme von Hautkrankheiten in den Katalog der Weltgesundheitsorganisation (WHO).
Vom 27. Mai bis 1. Juni 2024 trat in Genf die 77. Vollversammlung der Weltgesundheitsorganisation (World Health Assembly, WHA) zusammen. Die WHA ist das höchste Entscheidungsgremium der Weltgesundheitsorganisation. In ihr sind alle 194 Mitgliedsstaaten vertreten. Die dort geführten Diskussionen und daraus entstehenden Resolutionen fließen in Handlungskonzepte ein, die wiederum gemeinsame gesundheitspolitische Maßnahmen beeinflussen.
Zehn Jahre ist es her, dass die Psoriasis im Zuge einer WHA-Resolution als erste Hautkrankheit überhaupt in die Gruppe der besonders versorgungsrelevanten nicht-ansteckenden Erkrankungen (noncommunicable diseases, NCDs) aufgenommen wurde, zu denen u.a. koronare Herzkrankheit, Schlaganfall, Krebs, COPD und Diabetes gehören.
In diesem Jahr standen Hautkrankheiten erstmals als Gruppe im Mittelpunkt. 2014 gelang es deutschen Dermatologen und Dermatologinnen, die Lobbyarbeit der International Federation of Psoriasis Associations (IFPA) als Dachverband der weltweiten Psoriasis-Patientenorganisationen zu unterstützten. Der „Globale Bericht“ zur Psoriasis (WHO „Global Report on Psoriasis“) 2016 war eine Pionierleistung und gilt seitdem als Meilenstein.
Zunächst ging es jedoch darum, das Erreichte zu verstetigen und erneut den Auftrag der WHO zu bekommen, einen aktualisierten „Globalen Bericht“ zur Psoriasis-Krankheit zu verfassen. In Genf waren Prof. Swen Malte John (Osnabrück), Prof. Matthias Augustin (Hamburg) und Prof. Ulrich Mrowietz (Kiel) vertreten. Erneut organisierte und koordinierte die IFPA die notwendigen Aktionen. So wurden beispielsweise am 27.05.2024 Politiker und Politikerinnen sowie Interessierte zu einem Workshop eingeladen, an dem auch der WHO-Medical Officer Dr. José-Antonio Ruiz-Postigo teilnahm.
Dr. Ruiz-Postigo war es dann auch, der in einem Grundsatzvortrag die Etablierung einer 36. Krankheitsgruppe innerhalb der WHO vorstellte, die sich ausschließlich mit Hautkrankheiten befasst. Die Psoriasis fungiert aufgrund des zehnjährigen Engagements und der daraus hervorgegangenen Erfahrungen als Modellerkrankung innerhalb dieser Gruppe.
Vertreter von Psoriasis-Patientenorganisationen aus den USA und von den Philippinen begrüßten diesen Schritt ausdrücklich. In einer lebhaften Diskussionsrunde gab Prof. John einen Überblick über das bisher Erreichte und betonte die Wichtigkeit einer weltweiten Anerkennung chronischer, nicht heilbarer Entzündungskrankheiten wie der Psoriasis durch die WHO. Prof. Augustin ging auf die Defizite in der weltweiten Versorgung ein. Er unterstrich aber auch die seit 2014 erzielten Erfolge vor allem nach Erscheinen des „Global Report“. Gerade in Deutschland ist mit dem vom Bundesgesundheitsministerium geförderten Projekt ECHT (Entstigmatisierung chronisch sichtbarer Hautkrankheiten) ein Meilenstein zur Verbesserung der öffentlichen Wahrnehmung der Psoriasis gelungen, der in Verbindung mit weiteren Versorgungsmaßnahmen unter „PsoNet“ als „best practice“ internationale Anerkennung gefunden hat. Anschließend ging Prof. Mrowietz auf den Fortschritt im Verständnis der Erkrankung und das Behandlungsmanagement ein. Ein wichtiger Schritt ist die Weiterentwicklung des Begriffes zur „Psoriasis-Krankheit“. Damit wird klar zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine systemische Entzündungserkrankung handelt. Die zahlreichen Begleiterkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes mellitus, koronare Herzkrankheit und Depression sind längst in anderen Gesundheitsfeldern der WHO vertreten, sie alle machen aber auch die Psoriasis-Krankheit aus. Dabei reicht es nicht mehr, nur auf den Hautbefund zu achten, sondern Risiko- und Triggerfaktoren zu erfassen und die Behandlung so auszurichten, dass sich die gesamte Krankheit bessert.
Bei einem anschließenden Get-together wurde intensiv diskutiert. Dabei stand die Verbesserung der Versorgung vor allem chronisch Hautkranker im Mittelpunkt. In einer weiteren Veranstaltung mit WHO-Vertretern unter Federführung der International League of Dermatological Societies (ILDS) wurden die über die Psoriasis hinausgehenden Vereinbarungen noch detaillierter besprochen und die gleichzeitige Fortentwicklung der Maßnahmen zur Psoriasis wie auch zu Hautkrankheiten per se abgestimmt.
Die WHA prüft derzeit den Auftrag an die WHO zur Durchführung und Koordination erforderlicher Maßnahmen. Für die geplante Neufassung des Globalen Reports zur Psoriasis-Krankheit sind die drei deutschen Experten als Autoren gesetzt. Ein schöner Erfolg für die deutsche Dermatologie.
Ko-Autoren: Prof. Matthias Augustin und Prof. Swen-Malte
Kontakt:
Prof. Dr. med. Ulrich Mrowietz
Psoriasis-Zentrum
Klinik für Dermatologie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel
E-Mail: umrowietz(at)dermatology.uni-kiel.de
