DDG intern: Mitglieder im Vorstand

Durch richtige Fragen zu erfolgreicher Forschung: Ein Universitätsmediziner mit Offenheit für das Unbekannte
Ein Porträt des DDG-Vorstandsmitglieds Prof. Michael Hertl
„Der Gelehrte ist nicht der Mann, der die richtigen Antworten liefert, er ist derjenige, der die wirklichen Fragen stellt.“
Claude Lévi-Strauss (1908-2009), frz. Ethnologe
Stammeskunst wie „Nagelfetische“ – in der modernen Ethnologie „Kraftfiguren“ genannt – werfen viele Fragen auf. Obwohl sie ganz wesentlich die Entwicklung der modernen Kunst des 20. Jahrhunderts prägten (es waren afrikanische Masken und Skulpturen, die Bildhauer und Maler wie Giacometti, Picasso, Kirchner oder Matisse sammelten und die sie inspirierten), stand meist „nur“ die Form im Zentrum und weniger die eigentliche Bedeutung der Objekte. Magie, Ritus, Kult und das „Numinose“ – wer Ethnographica sein Eigen nennt, interessiert sich für eben diese Komponenten und ist offen für das Unbekannte. So auch Prof. Michael Hertl, in dessen Büro eine solche „Kraftfigur“ ihren Platz hat. Durch das Einschlagen von Nägeln in die hölzerne Figur soll ihre magische Wirksamkeit gesteigert werden. Die Kraftfiguren aus Zentralafrika sind Teil eines religiös motivierten Ahnenkultes und bilden zudem den Kulturkontakt zu den europäischen Kolonialherren ab. Obwohl viel zu den Funktionen von „Kraftfiguren“ geforscht wurde, bleibt der Betrachtende doch immer etwas rätselnd vor dem Objekt und ist voller Fragen: Stehen die Nägel nicht auch für Schmerz und Qual, die anderen zugefügt werden sollen? Dienen sie der Abwehr oder dem Schutz vor Gefahren?
Fragen zu stellen ist in allen wissenschaftlichen Disziplinen der Anfang forschender Erkundung. Sie sind – gepaart mit der Neugierde, Zusammenhänge verstehen zu wollen – der Motor, der alle Forschung in Gang setzt. Sie führen „auf unbekanntes Terrain“ und schließlich zu jenen Erkenntnissen, die das jeweilige Fach voranbringen. Prof. Michael Hertl ist einer der Dermatologen, dessen „Fragendrang“ ihn zu einer Fülle von dermatologischen Forschungsbereichen geführt hat: Die entzündlichen Hauterkrankungen, insbesondere blasenbildende Autoimmmundermatosen, zelluläre Regulationsmechanismen bei Immundermatosen wie der Schuppenflechte, die Immunpathogenese von Arzneiexanthemen und zielgerichtete Therapieansätze.
Michael Hertl studierte an den Universitäten Bochum und Köln. 1986 legte er sein medizinisches Staatsexamen ab. Er promovierte 1987 an der Medizinischen Fakultät der Universität Köln. 1992 erlangte er die Facharztanerkennung für Dermatologie und Venerologie und erlangte die Zusatzbezeichnungen Allergologie, medikamentöse Tumortherapie, Dermatohistologie, fachgebundene Laborkunde und Fachimmunologie. Im Rahmen zweier Forschungsaufenthalte mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) in den USA (1988-1989: Cleveland, 1992-1995: Bethesda) entwickelte er sein immunologisch geprägtes Forschungsprofil. Von 1995 bis 1999 war er als Oberarzt an der Hautklinik des Universitätsklinikums der Rheinisch-Westfälischen Technischen Universität Aachen tätig. 1996 erfolgte seine Habilitation zum Thema „Rolle von T-Lymphozyten in der Pathogenese bullöser Dermatosen“. 1999 erhielt Michael Hertl den Ruf auf eine C3-Professur für Immundermatologie der Universität Erlangen und wurde dort stellvertretender Klinikdirektor der Dermatologischen Klinik. Seit 2004 ist Prof. Hertl C4-Professor an der Philipps-Universität Marburg und Direktor der Klinik für Dermatologie und Allergologie am Universitätsklinikum Marburg/UKGM. Er war langjähriger Leiter des dortigen interdisziplinären Allergiezentrums Hessen. Ferner ist er seit 2010 Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften, Leopoldina. Derzeit leitet der eine Forschungsgruppe der DFG zum Thema „Pemphigus“ mit dem Ziel, präklinische Forschung in klinische Therapieansätze zu überführen.
Bei seinen vielen weiteren Aktivitäten sind neben den aktuellen und zurückliegenden Herausgebertätigkeiten (EJD, JDDG, Die Dermatologie, Standardlehrbuch Autoimmune Diseases of the Skin sowie Braun-Falco’s Dermatologie, Venerologie und Allergologie) vor allem die vielen oft leitenden Tätigkeiten in zahlreichen Forschungsverbünden wie beispielsweise der Deutschen Forschungsgemeinschaft, in inneruniversitären Gremien und Task Forces zu nennen.
Prof. Hertl ist in zahlreichen nationalen und internationalen Fachgesellschaften Mitglied. Darunter die European Academy of Dermatology and Venerology (EADV), European Dermatology Forum (EDF) und European Society for Dermatological Research (ESDR). Der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) ist er seit vielen Jahren auf das engste verbunden und prägte sie vier Jahre lang zunächst als Generalsekretär und dann nachfolgend als Präsident und aktuell als Past-Präsident im Vorstand. Von seiner Fähigkeit, bei vielen Themen die richtigen Fragen zu stellen – ob gesundheitspolitische Entwicklung, Aus- und Weiterbildung in der Dermatologie, Zukunft der Fachgesellschaft – und damit ein strukturiertes und kluges Aufsetzen von Projekten zu ermöglichen, profitierte und profitiert die DDG in ganz besonderer Weise.