Eine aktuelle Umfrage unter der deutschen Bevölkerung zeigt: Die Sorge um eine Hautkrebserkran-kung wächst, die Akzeptanz des Screenings steigt, die Patienten sehen den Vorteil der Früherkennung und vertrauen sich für die Diagnose lieber einem Hautarzt als einem Allgemeinmediziner an.
Wie auch schon die erste FORSA-Umfrage der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) vor zwei Jahren sollte die aktuelle Folgebefragung Aufschluss über die Wahrnehmung des gesetzlichen Hautkrebsscreening in der Öffentlichkeit geben. Im März 2011 sowie im April 2013 wurden zu einer repräsentativen Umfrage gesetzlich versicherte Personen ab 18 Jahren befragt. Von diesen äußerten im Jahr 2011 45 % und 2013 51 %, dass das Thema Hautkrebs sie sorge. Demgegenüber hatten 28 % in 2011 und schon 35 % in 2013 der Berechtigten ein Hautkrebsscreening wahrgenommen. Noch 2011 wussten lediglich 44 % von ihrem persönlichen Anspruch auf ein gesetzliches Hautkrebsscreening, in 2013 sind es bereits 50 %. Konstant blieben die 79 %, die sich für ein Screening zu einem Dermatologen begeben.
Hautkrebs ist nach wie vor die häufigste onkologische Erkrankung. Die Rate hat sich seit den 1960-er Jahren versechsfacht, in den letzten zehn Jahren verdoppelt: Jährlich erkranken in Deutschland am Schwarzen Hautkrebs ca. 18.000 Personen, am Weißen Hautkrebs ca. 175.000. Unter Berücksichtigung der frühen Formen des Hautkrebses liegt die Gesamtzahl der Neuerkrankten bei 235.000. Um dieser Entwicklung entgegenzutreten, wurde 2008 die Früherkennung des Melanoms und des hellen Hautkrebses in die gesetzliche Regelversorgung eingeführt.
Dies hat die Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG) veranlasst, eine umfangreiche Begleitforschung zum gesetzlichen Hautkrebsscreening zu initiieren. Zu diesen Projekten zählt die Erhebung der Bekanntheit und Inanspruchnahme des Screenings in der Allgemeinbevölkerung. Nach fast fünf Jahren des gesetzlichen Hautkrebsscreenings sind die erhofften Auswirkungen im Alltag der Mediziner messbar. Die Sterberate ist nicht so drastisch angestiegen, wie es die zunehmende Zahl der Hautkrebserkrankungen erwarten ließ. Da alle Formen des Hautkrebses, die im Frühstadium erkannt werden, eine hohe Heilungsrate haben, tritt genau das ein, was die Befürworter des Screenings prognostiziert haben: Ein sprunghafter Anstieg der erfassten Hautkrebserkrankungszahlen bei gleichzeitig hohen Behandlungserfolgen. Die diagnostizierten Fälle liegen etwa 20 % höher als vor dem Start im Jahr 2008.
(Quelle und Rechercheempfehlung: Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister e.V. (GEKID). Deren interaktiver Atlas präsentiert unter www.gekid.de die aktuellen Zahlen zum Krebsgeschehen aus den epidemiologischen Krebsregistern der Bundesländer.)
Ein Drittel kommt…
In Anspruch nehmen können das Hautkrebsscreening gesetzlich Versicherte ab dem 35. Lebensjahr, genutzt haben es etwa 35%. Hier decken sich die Angaben am Beispiel der tatsächlich abgerechneten Fälle der DAK-Versicherten mit den Aussagen der Bürger in der von der DDG in Auftrag gegebenen FORSA-Umfrage 2013.
… doch wo sind die anderen?
Laut FORSA-Umfrage weiß nur die Hälfte aller Befragten, dass sie einen gesetzlichen Anspruch auf die Früherkennungsuntersuchung ihrer Haut hat. „Zu wenig“, ist die Bewertung von Professor Dr. Rudolf Stadler, Präsident der DDG und Chefarzt der Hautklinik in Minden. „Das Screening muss bekannter werden, zumal wir durch unsere regelmäßigen Untersuchungen belegen können, dass die Patienten keinen Nachteil durch diese Untersuchung haben“. Die Informationen direkt durch die Krankenkassen, aber auch über die Medien und das direkte Gespräch mit Haus- oder Hautarzt spielen bei der Aufklärung eine gleichbedeutende Rolle. Dennoch zeigt die FORSA-Umfrage, dass 62 % der Befragten nicht wissen, dass Hautkrebs zu der am häufigsten verbreiteten Krebsart in Deutschland gehört. „Deshalb sehen wir Handlungsbedarf für die gesetzlichen Krankenkassen und die Selbstverwaltung zur Verbesserung der Kenntnisse über Versichertenrechte“, so Professor Dr. Augustin, Direktor des Instituts für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen am Universitätsklinikum Eppendorf-Hamburg.
Ein Beispiel des Informationsdefizites: Der Schwarze Hautkrebs mit insgesamt 2.500 Todesfällen tritt bereits bei jüngeren Menschen vor dem 40. Lebensjahr auf, hier auffällig oft schon bei Frauen zwischen 15 und 29 Jahren. 80 % der gesamten UV-Strahlen ist ein Mensch bis zu seinem 18. Lebensjahr bereits ausgesetzt worden. Regelmäßig gehen vier Millionen Menschen in ein Solarium, unter den 18-bis 29-Jährigen geben 26 % an, sich regelmäßig oder gelegentlich mit künstlichem UV-Licht bestrahlen zu lassen. „Diese Zielgruppe muss noch umfassender mit Informationen versorgt werden, die zum eigenverantwortlichen Umgang mit der Gesundheit befähigen“, so Augustin. „Denn vor allem die Frauen sehen wir zehn Jahre später in Praxen und Kliniken, ihr Risiko der Hautkrebserkrankung ist 75 % höher als bei Menschen, die Solarien meiden“.
Folgerung aus der Versorgungsforschung
In seiner Forschung am Competenzzentrum für Versorgungsforschung in der Dermatologie (CVderm) geht Augustin in Kooperation mit den deutschen Dermatologen in Kliniken und Praxen und den Krankenkassen genau den Fragen nach, die von Beginn an unter Kritikern diskutiert wurden: Wie ist der Versorgungsgrad in Deutschland? Wer nimmt die Leistung in Anspruch? Wie hoch ist die Qualität des Screenings? Wem nützt und wem schadet es? Stehen die Kosten in einem sozialverträglichen Verhältnis zum Nutzen?
In der öffentlichen Diskussion wird vor allem über den Schaden von Früherkennungsmaßnahmen diskutiert und nicht selten mit anderen Organen wie der weiblichen Brust oder dem Darm verallge-meinert, was dem tatsächlichen Sachstand nicht gerecht wird. Denn die bisherigen Studien belegen, dass Hautkrebs in einem frühen Stadium kurativ behandelt werden kann und sich durch die Vorverlegung des Diagnosezeitpunktes ein potenzieller Nutzen ergibt. Die Therapie im Frühstadium kleiner Tumore ist für den Patienten schonend und wenig belastend, im Therapieverlauf erfolgsversprechend und für das Solidarsystem kostengünstig.
Die Screeningprozedur selbst hat sich in den Evaluationen bei Patienten als harmlos und hoch akzeptiert erwiesen. Von mehreren Hundert befragten Patienten in Hautarztpraxen wurde der persönliche Nutzen des Hautkrebsscreenings ausnahmslos gegenüber einem potenziellen Schaden als weitaus höher eingeschätzt.
Die Dermatologen haben mit der Einführung im Jahr 2008 einen wichtigen gesetzlichen Versorgungsauftrag angenommen. In den vertragsärztlichen dermatologischen Praxen machen das Hauskrebsscreening und die Therapie des Hautkrebses bis zu 50 % des Versorgungsaufkommens aus. Strittige Themen sind noch die Vergütung der Diagnose sowie das Zusammenspiel zwischen Haus- und Hautärzten. „Wenn geklärt ist, wer was macht, kann die individuelle Lebensqualität der Patienten dauerhaft hoch bleiben und zudem noch mehr Effizienz im Screening erreicht werden“, sagt Augustin voraus. Erste Ansätze der besseren Kooperation seien im direkten Dialog zwischen Allgemeinmedizinern und Hautärzten bereits auf Leitlinienebene begonnen worden.
Die Deutsche Dermatologische Gesellschaft und der Berufsverband der Deutschen Dermatologen sehen, so Augustin, die zukünftige Versorgung des Hautkrebses als gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die zukünftig durch einen "Nationalen Hautkrebsplan" noch stringenter und nachhaltiger umgesetzt werden soll. Alle Akteure im Gesundheitssektor sollen zu dieser Arbeit eingeladen und nationale Versorgungsziele 2013-2020 als Leitschiene festgelegt werden.
Zukunft des Hautkrebsscreenings
Kritiker des flächendeckenden Screenings fordern Studien, in denen nachweisbare Nutzen der Früherkennung auf Hautkrebs wie auch das Fehlen von Schadenspotenzial belegt werden: Leben Teilnehmer der Hautinspektion länger, werden sie seltener operiert und haben sie mit der Diagnose eine bessere Lebensqualität? Überwiegt der Nutzen der Screenings aus Patientensicht potenzielle Schäden?
Die Daten aus Schleswig-Holstein wie auch die ersten Ergebnisse der laufenden Begleitforschung weisen ausnahmslos in diese Richtung. Sie werden in den nächsten Monaten durch valide Kosten-Nutzen-Analysen ergänzt. Die Entscheidung über die Fortsetzung der Hautkrebsfrüherkennung als gesetzliche Leistung wird wesentlich auf der Basis dieser Nutzen für die Gesundheit und Sicherheit der Bevölkerung zu treffen sein.
Basalzellkarzinom, Plattenepithelkarzinom und maligne Melanom
Unter weißem Hautkrebs werden Basalzellkarzinome und Plattenepithelkarzinome zusammenge-fasst, beide Ursprungszellen liegen in der Oberhautschicht (Epidermis).
Basalzellkarzinom
Vom Basalzellkarzinom sind vor allem ältere Männer, mitunter auch Frauen und Jüngere betroffen. Typische Lokalisation ist der Nasenrücken und das Gesicht, eine Sonderform kann sich auch am Rumpf finden. Das Basalzellkarzinom wächst langsam, infiltrierend und zerstören das betroffene Gewebe, metastasieren aber nicht. Die Therapie des Basalzellkarzinoms liegt in der operativen Entfernung, in manchen Fällen ist nach dem Befund der Histologie eine Nachoperation notwendig.
Plattenepithelkarzinom
Auch das Plattenepithelkarzinom ist eine Erkrankung älterer Menschen, die über viele Jahre hoher UV-Bestrahlung ausgesetzt waren und tritt gehäuft an Ohrmuscheln, Augenunterlider, Nasenrücken und Unterlippe auf. Häufig entwickeln sich Plattenepithelkarzinome aus Vorstufen, den sogenannten aktinischen Keratosen. Die Behandlung ist die operative Entfernung mit anschließender Histologie. Wird in dieser feingeweblichen Untersuchung eine aggressive Wuchsform oder eine bestimmte Tumordicke entdeckt, wird über eine Biopsie die Absiedlung von Tumorzellen in die Lymphknoten untersucht, da im Gegensatz zum Basalzellkarzinom Metastasen entstehen können. Früh erkannt ist diese Hautkrebsart jedoch in den meisten Fällen nach der Operation geheilt.
Malignes Melanom
Das maligne Melanom (schwarzer Hautkrebs) entsteht aus den Pigmentzellen der Haut, deren Farbe meist schwarz ist. Die meisten Melanome entwickeln sich am Körperstamm, Armen und Beinen, manchmal aus vorbestehenden Leberflecken. Diese Hautkrebsform die gefährlichste, da sich die Krebszellen rasch über das Lymphgefäßsystem oder die Blutbahn im Körper ausbreiten können. Die Aggressivität des schwarzen Hautkrebses nimmt mit der Tumordicke zu. Rechtzeitig erkannt und ohne Metastasierung sind 85% aller Patienten mit schwarzem Hautkrebs nach der ersten Operation geheilt.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes starben 2010 in Deutschland an den beiden weißen Hautkrebssorten 621 Menschen, am malignen Melanom mehr als 2.700.