Blasenbildende Erkrankungen
Das aktuelle Thema auf dem Gebiet blasenbildender Dermatosen (Pemphigus, Pemphigoide, lineare IgA-Dermatose, Epidermolysisbullosaaquisita, Dermatitis herpetiformis) ist derzeit vor allem die Entwicklung europäischer Leitlinien des European Dermatology Forum (EDF) und der European Academy of Dermatology and Venerology (EADV) zur Diagnostik und Behandlung des Pemphigus und Pemphigoid. International akzeptierte Leitlinien sind bei den blasenbildenden Autoimmundermatosen wichtig, denn es handelt sich um schwere, potentiell lebensbedrohliche Erkrankungen von Haut und Schleimhäuten.
Bei allen blasenbildenden Erkrankungen bilden Zellen des Immunsystems (Plasmazellen) bestimmte Eiweiße (Antikörper), die in Zusammenwirken mit den körpereigenen T-Zellen Haftstrukturen der Haut angreifen. In der Folge kommt es zur Blasenbildung. Diese Erkrankungen sind sehr selten, es gibt bislang nur sehr wenige prospektive klinische Studien und nur unzureichend konsentierte und validierte klinische Verlaufsparameter. Deshalb gibt es Planungen zum Aufbau eines nationalen Registers, um klinische Daten zu Patienten mit bullösen Dermatosen zu sammeln, die entscheidende diagnostische und therapeutische Erkenntnisse bringen könnten.
Es gibt einige sehr erfolgsversprechende Medikamente wie Immunadsorption und Rituximab, die nicht für die Behandlung zugelassen sind und deren Wirksamkeit deshalb in multizentrischen Studien gezeigt werden muss. Nur sehr wenige Therapeutika sind für die Behandlung dieser Erkrankungen zugelassen.
Eine europäische Pemphigus-Leitlinie ist unter der Leitung von Professor Dr. Michael Hertl (Uni Marburg) und Prof. Marcel Jonkman (Groningen) bereits abgeschlossen und wird nach abschließender Prüfung in Kürze publiziert:
Development of European Guidelines Autoimmune Bullous Diseases guided by the European Dermatology Forum (EDF) and European Academy of Dermatology and Venerology (EADV).Pemphigus. S2 Guideline for diagnosis and treatment. Autoren: Michael Hertl, Hana Jedlickova, SaroltaKarpati, BrankaMarinovic, SonerUzun, SavasYayli, Daniel Mimouni, Luca Borradori, Claudio Feliciani, DimitriosIoannides, Pascal Joly, CezaryKowalewski, Giovanna Zambruno, DetlefZillikens, Marcel F. Jonk-man.
Eine europäische Pemphigoid-Leitlinie ist unter der Leitung von Prof. Dr. Claudio Feliciani (Rom), Prof. Dr. Borradori (Bern) und Prof. Pascal Joly (Rouen) fast abgeschlossen und wird in Kürze an die EDF zur finalen Freigabe für die Publikation gesandt:
Development of European Guidelines Autoimmune Bullous Diseases (guided by the EDF and EADV). Pemphigoid. S2 Guidelines for diagnosis and treatment. Autoren: Claudio Feliciani, Luca Borradori, Marcel Jonkman,DimitriosIoannides, CezaryKowalewski, Giovanna Zambruno, DetlefZillikens, Michael Hertl, Hana Jedlickova, SaroltaKarpati, BrankaMarinovic, SonerÜzün, SavasYayli, Daniel Mimouni, Pascal Joly.
Entwicklung und Validierung klinischer Parameter bei blasenbildenden Dermatosen
Bislang gibt es bei bullösen Dermatosen nur unzureichend konsentierte und validierte klinische Verlaufsparameter, die ähnlich wie der PASI bei der Psoriasis die Schwere der Erkrankung objektivierbar und für Außenstehende nachvollziehbar abbilden. Zwei derzeit validierte klinische Parameter sind PDAI und ABSIS. Der von der Uniklinik Marburg entwickelte klinische Score des Pemphigus, ABSIS (Autoimmune Bullouse Skin Disorder Intensity Score), wurde bereits in mehreren klinischen Pemphigusstudien eingesetzt wurde, um das klinische Ansprechen der Pemphiguspatienten mit den Serumkonzentrationen der Autoantikörpertiter und der kumulativen Dosis systemisch verabreichter Glukokortikoide zu vergleichen. Dieser ABSIS-Score misst nicht nur die klinische Aktivität und das Ausmaß der Pemphigus-Erkrankung, sondern auch die subjektiven Konsequenzen der Schleimhautveränderungen für den Patienten. Neben der Ausdehnung der betroffenen Hautareale und Schleimhautareale die Qualität der Hautveränderungen sowie den Einfluss der Schleimhautveränderungen auf das Essverhalten der Patienten.
Literatur:
Murrell DF, Dick S, Ahmed AR, Amagai M, Barnadas MA, Borradori L, Bystryn JC, Cianchini G, Diaz L, Fivenson D, Hall R, Harman KE, Hashimoto T, Hertl M, Hunzelmann N, Iranzo P, Joly P, Jonkman MF, Kitajima Y, Korman NJ, Martin LK, Mimouni D, Pandya AG, Payne AS, Rubenstein D, Shimizu H, Sinha AA, Sirois D, Zillikens D, Werth VP. Consensus statement on definitions of disease, end points, and therapeutic response for pemphigus. J Am AcadDermatol. 2008 Jun;58(6):1043-6.
Murrell DF, Daniel BS, Joly P, Borradori L, Amagai M, Hashimoto T, Caux F, Marinovic B, Sinha AA, Hertl M, Bernard P, Sirois D, Cianchini G, Fairley JA, Jonkman MF, Pandya AG, Rubenstein D, Zillikens D, Payne AS, Woodley D, Zambruno G, Aoki V, Pincelli C, Diaz L, Hall RP, Meurer M, Mascaro JM Jr, Schmidt E, Shimizu H, Zone J, Swerlick R, Mimouni D, Culton D, Lipozencic J, Bince B, Grando SA, Bystryn JC, Werth VP. Definitions and outcome measures for bullous pemphigoid: recommendations by an international panel of experts. J Am AcadDermatol. 2012 Mar;66(3):479-85.
Daniel BS, Hertl M, Werth VP, Eming R, Murrell DF. Severity score indexes for blistering diseases.ClinDermatol. 2012 Jan-Feb;30(1):108-13.
Initiierung klinischer Studien bei bullösen Dermatosen
Derzeit läuft bundesweit eine prospektive, randomisierte klinische Studie zur Wirksamkeit der Im-munadsorption beim Pemphigus vulgaris. Die Immunadsorption ist ein therapeutisches Verfahren, das gezielt IgG-Antikörper aus dem Blut der Patienten entfernt. Zu dieser Antikörpergruppe gehören auch die Serum¬auto¬anti¬körper, die beim Pemphigus die Krankheit auslösen. Mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft wird diese Studie von den Universitäts-haut¬kliniken Marburg und Lübeck geleitet und vom Kompetenzzentrum Klinische Studien (KKS) Marburg administriert. Leiter dieser Studie sind PD Dr. Rüdiger Eming, Marburg, und Prof. Dr. Dr. Enno Schmidt, Lübeck. Ziel dieser Studie, die an etwa 20 Zentren durchgeführt wird, ist die Beantwortung der Frage, ob durch die Immun¬adsorption schneller und nachhaltiger klinische Remissionen des Pemphigus erzielt werden können.
Ein weiterer erfolgversprechender Ansatz ist die therapeutische Depletion von B-Zellen beim Pem-phigus, etwa mit dem monoklonalen anti-CD20-Antikörper Rituximab. In mehreren Studien hat sich die langfristige Wirksamkeit dieses Antikörpers auch bei Patienten mit refraktärem Pemphigus ge-zeigt. Die Behandlung mit Rituximab führt wahrscheinlich nicht zur kompletten Entfernung autoreaktiver B-Zellen, da bei klinischen Rezidiven nach Rituximab-Therapie wieder ein ähnliches B-Zellrezeptor-Repertoire nachweisbar ist. Weitere Firmen planen derzeit klinische Studien mit neuen B-Zell-depletierenden Antikörpern zur Behandlung des Pemphigus.
Literatur:
Müller R, Hunzelmann N, Svoboda V, Siebenhaar G, Wenzel E, Eming R, Müller HH, Niedermeier A, Musette P, Joly P, Hertl M. Targetedimmunotherapywithrituximabinduces transient depletionofautoreactive B cells in pemphigusvulgarisDermatol Res Pract. 2010;2010:321950.
Nagel A, Stauber A, Rühl D, Hunzelmann N, de Pita O, Borradori L, Uter W, Hertl M. Clinical activity of pemphigus vulgaris relates to IgE autoantibodies against desmoglein 3. ClinImmunol. 2010 March;134(3):320-30
Behzad M, Hoyer J, Möbs C, Kneisel A Hertl M, Eming R. Combined treatment with immunoadsorption and rituximab leads to fast and prolonged clinical remissions in refractory pemphigus. Br J Dermatol. 2012 Apr;166(4):844-52.
Kasperkiewicz M, Shimanovich I, Meier M, Schumacher N, Westermann L, Kramer J, Zillikens D, Schmidt E. Treatment of severe pemphigus with a combination of immunoadsorption, rituximab, pulsed dexamethasone and azathio-prine/mycophenolatemofetil: a pilot study of 23 patients.Br J Dermatol. 2012 Jan;166(1):154-60.
Colliou N, Picard D, Caillot F, Calbo S, Le Corre S, Lim A, Lemercier B, Le MauffB, Maho-Vaillant M, Jacquot S, Bedane C, Bernard P, Caux F, Prost C, Delaporte E, Doutre MS, Dreno B, Franck N, Ingen-Housz-Oro S, Chosidow O, Pauwels C, Picard C, Roujeau JC, Sigal M, Tancrede-Bohin E, Templier I, Eming R, Hertl M, D'Incan M, Joly P, Musette P. Comorbidities and long-term remissions of severe pemphigus after rituximab therapy are associated with prolonged failure of desmoglein B cell response.SciTransl Med. 2013 Mar 6;5(175):175ra30.
Ansprechpartner:
Prof. Dr. med. Michael Hertl
Direktor der Hautklinik
Klinik für Dermatologie und Allergologie
Universität Marburg
Telefon: 06421/58-66280/66281
michael.hertl@med.uni-marburg.de
www.uni-marburg.de/fb20/dermallergo
Lupus erythematodes
Der Lupus erythematodes (LE) ist eine entzündliche Autoimmunerkrankung, die eine lebensbedrohliche Organmanifestation aufweisen kann. Die am häufigsten beteiligten Organe sind die Haut, Gelenke und Nieren, aber auch das kardiovaskuläre und zentralnervöse System können betroffen sein.
Da sich die klinische Symptomatik bei vielen Patienten allein auf die Haut beschränkt, kann der kutane LE (CLE) auch als eigenes Krankheitsbild definiert und somit vom systemischen LE (SLE) abgegrenzt werden. Der CLE zeichnet sich durch eine klinische Heterogenität und variable Verläufe aus. Neben einer genetischen Prädisposition können verschiedene Umweltfaktoren wie Rauchen, Medikamente, Hormone, Infektionen und vor allem das ultraviolette (UV) Licht zu einer Erstmanifestation oder Verschlechterung der Erkrankung führen.
Die verschiedenen Subtypen des CLE können sich in jedem Alter manifestieren, zeigen aber eine Prädisposition zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr. In einzelnen Studienwurde deutlich, dass der diskoide LE (DLE) vermehrt bei Afrikanern vorkommt, während der SCLE eher in der kaukasischen Bevölkerung anzutreffen ist. Der Chilblain LE (CHLE) und der LE tumidus (LET) manifestieren sich nach Angaben der Literatur häufiger in Europa und seltener in den USA. Währendder LET häufig auch bei Männern beschrieben wurde, manifestieren sich die anderen Subtypen überwiegend bei Frauen. In Bezug auf den Verlauf und die Prognose der Subtypen des CLE scheint jedoch kein Unterschied zwischen beiden Geschlechtern zu bestehen.
Die Therapie des CLE ähnelt sich bei den verschiedenen Subtypen, sollte aber bei jedem Patienten individuell und abhängig von der Krankheitsaktivität und der Ausprägung der Hautläsionen erfolgen. Zusätzlich zu den topischen Therapieoptionen, etwa die Glukokortikosteroide oder Calcineurininhibitoren, sind Antimalariamittel wegen ihrer guten Wirksamkeit und der relativ geringen Nebenwirkungen weiterhin die systemische Therapie der ersten Wahl. Um Hautläsionen oder eine Verschlechterung bestehender kutaner Manifestationen bei Patienten mit CLE zu vermeiden, sind neben Nikotinkarenz textiler Lichtschutz und die konsequente Anwendung von Sonnenschutzmitteln mit hohem Lichtschutzfaktor zu empfehlen.
In einer Studie mit 157 Patienten (CLE und SLE) zur Darstellung ihrer Lebensqualität befragt, wurde deutlich, dass zwischen der Lebensqualität eines Patienten mit CLE und der eines Patienten mit einer anderen dermatologischen Erkrankung, wie etwa Dermatomykose oder Psoriasis, große Unterschiede bestehen. Dies liegt vor allem daran, dass Patienten mit CLE einer höheren emotionalen Belastung ausgesetzt sind, da sich eine ausgedehnte Beteiligung mit dem Risiko einer Vernarbung und auch systemische Organmanifestationen entwickeln können. Patienten mit CLE sind daher häufig langfristig auf die Einnahme von Medikamenten mit erforderlichen ärztlichen Kontrolluntersuchungen angewiesen. Dazu sind präventive Maßnahmen durchzuführen, sodass die Freizeitaktivitäten eingeschränkt werden müssen. Auch die Sorge um den irreversiblen Verlust der Haare, die Ausbildung von Narben und um die mögliche Verschlechterung bestehender Symptome führt ebenfalls zu einer Beeinflussung der Lebensqualität.
Literatur
Kuhn A, Sticherling M. Lupus erythematodes. In: Plewig G, Landthaler M, Burgdorf W, Ruzicka D. Braun-Falco’s Dermatolo-gie, Venerologie und Allergologie. 6. Aufl.; Heidelberg:Springer; 2012: 866–882
Braunstein I, Goodman NG, Rosenbach M et al. Lenalidomide therapy in treatment-refractory cutaneous lupus erythemato-sus: Histologic and circulating leukocyte profile and potential risk of a systemic lupus flare. J Am AcadDermatol 2012; 66: 571–582
Klein R, Moghadam-Kia S, Taylor L et al. Quality of life in cutaneous lupus erythematosus. J Am AcadDermatol 2011; 64: 849–858
Kuhn A, Ruland V, Bonsmann G. Cutaneous lupus erythematosus: Update of therapeutic options Part I & II. J Am AcadDer-matol 2011; 65: e179-193&e195–213
Kuhn A, Ruland V, Bonsmann G. Hautmanifestationen des Lupus erythematodes: Klinik und Therapie. Z Rheumatol 2011; 70: 213–226
Kuhn A, Gensch K, Haust M, Schneider SW, Bonsmann G, Gaebelein-Wissing N, Lehmann P, Wons A, Reitmeir P, Ruland V, Luger TA, Ruzicka T. Efficacy of tacrolimus 0.1% ointment in cutaneous lupus erythematosus: a multicenter, randomized, double-blind, vehicle-controlled trial. J Am AcadDermatol 2011; 65:54-64
Biazar C, Sigges J, Patsinakidis N, Ruland V, Amler S, Bonsmann G, Kuhn A & EUSCLE co-authors. Cutaneous lupus erythematosus: first multicenter database analysis of 1002 patients from the European Society of Cutaneous Lupus Erythematosus (EUSCLE). Autoimmun Rev 2013, 12:444-454.
Ansprechpartnerin:
Prof. Dr. Annegret Kuhn
Geschäftsführerin
Exzellenzcluster ImmunoSensation
Universität Bonn
53127 Bonn
Phone. +49 (0)228 287 13670
Email. kuhnan@uni-bonn.de
www.immunosensation.de