
Die deutsche Dermatologie europäisch denken und weiterentwickeln
Ein Porträt des früheren DDG-Präsidenten Prof. Dr. med. Harald P.M. Gollnick
„Der Genius weist den Weg, das Talent geht ihn.“
Marie Ebner von Eschenbach (1830-1916)
Der erste Gedanke bei der Nennung des Namens von Prof. Harald Gollnick ist bei vielen Kolleginnen und Kollegen vermutlich: Ein Global Player der Dermatologe. Denn der frühere Direktor der Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie in Magdeburg hat sich während seiner akademischen Laufbahn auf europäischer und internationaler Ebene sehr für das Fach Dermato-Venerologie und für die deutsche Dermatologie eingesetzt. Vor allem die europaweite Harmonisierung der Aus- und Weiterbildung in der Dermatologie war und ist ihm bis heute ein Anliegen. weiterlesen
Seinen Namen verbindet man sofort mit dem „Europäischen Hautarzt-Examen“ – dem „European Board of Dermato-Venereology Diploma“ (EBDVD) und des Internationalen Dermatopathologie Examens der Europäischen Union der Fachärzte/ Union Européenne des Médecins Spécialistes - UEMS, deren Präsident er acht Jahre lang war. 2018 konnte er die European Training Recommendations (post-graduate training) für unser Fach im UEMS Council bestätigen lassen. Man denkt an seine Präsidentschaft im European Dermatology Forum (EDF) und seine Arbeit im Board of Directors der European Academy of Dermatology and Venereology (EADV) und dessen Scientific Committees. Er erhielt für sein Engagement den ILDS Award Certificate of Appreciation 2015 und den des European Dermatology Forums im selben Jahr.
Sein jüngster großer Erfolg ist die Abrundung seiner europäischen Harmonisierungsbestrebungen für unser Fachgebiet mit dem Abschluss eines ERASMUS Projekt (2018- 2021) als Leiter mit acht europäischen Partnerländern für das Medizinstudium (undergraduate training) (www.hedulearnit.org).
Sein Engagement richtete sich schon früh international aus, sicherlich auch verstärkt durch die Vorbereitungen für den Weltkongress für Dermatologie (CMD) 1987 in (West-) Berlin einschließlich des Engagements für afrikanische Länder und deren Teilnahme am CMD sowie nach dem Fall des Eisernen Vorhangs verstärkt nach Osteuropa, um auch dort für eine Dermato-Venerologie in ihrer Breite und Tiefe zu „werben“ und die neuen EU-Mitglieder in die Arbeit und Aufgaben der UEMS einzuführen. Viele Ehrenmitgliedschaften u.a. der dermatologischen Fachgesellschaften in den Baltischen Staaten, Finnland, Frankreich, Portugal, Griechenland, Tschechien, Slowakei, Rumänien, Ungarn und Österreich sowie Chile und Sri Lanka zeugen davon. Er ist also im besten Sinne ein Europäer, der in allen wichtigen gesundheitspolitischen und Fachgremien bekannt ist und sehr geschätzt wird.
Für Prof. Gollnick gehört zu einem erfolgreichen Arbeitsleben, in dem Beruf und Berufung verschmelzen, eine Grundhaltung: Jede Möglichkeit nutzen, um theoretische Kenntnisse und praktische Erfahrungen kontinuierlich zu erweitern. Das heißt vor allem, Zeit investieren und dem Thesaurus der persönlichen Talente und Fähigkeiten immer weitere „Schätze“ zuführen. Seine Klinik sah ihn aber auch an den Wochenenden, wo er stets ein ganz persönliches Ohr für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hatte. Prof. Gollnick hat sich rund um die Uhr für das Fach Dermato-Venerologie und für seine Patientinnen und Patienten eingesetzt – und er macht dies bis heute, was kurze „Abspannzeiten bei Tee und Zeitung“ und ein bisschen Golfspielen neben Kulturpassionen aber durchaus erlaubt.
Seine fachlichen Interessen hat Prof. Gollnick immer recht breit verfolgt. Dennoch gibt es Schwerpunkte wie die Dermatohistopathologie und Immunhistochemie, Hautkrebs, Atopie, Psoriasis, Retinoide, Borreliosen, Akne und Trichologie.
Bereits in seiner Kindheit bekam der 1948 in Oldenburg geborene Harald Gollnick eine Idee davon, was es mit der Dermatologie auf sich hat. Der Vater, Dr. Norbert Gollnick, war Chef der Hautklinik in Oldenburg, sodass Harald Gollnick bereits als Kind in der Klinik Patientinnen und Patienten sah, Gesprächen über medizinische Themen im Elternhaus lauschte und so fast beiläufig an die Dermatologie herangeführt wurde.
Nach der Bundeswehrzeit im Sanitätsdienst studierte Gollnick ab 1971 an der Westfälischen-Wilhelms-Universität und danach an der Freien Universität Berlin Medizin. Nach dem Jahr als Medizinalassistent approbierte er. 1977/78 war er Wissenschaftlicher Assistent an der Medizinischen Klinik im Klinikum Westend (Prof. Karl-Hermann Meyer zum Büschenfelde). Die Ausbildung zum Dermato-Venerologen durchlief er ab 1979 im Universitätsklinikum Benjamin Franklin in Berlin-Steglitz bei Constantin C. Orfanos. 1983 wurde mit einer elektronenmikroskopischen Arbeit zur Wundheilung bei Prof. Günter Stüttgen promoviert. Seit 1984 war er Facharzt und Oberarzt, er habilitierte sich 1988 für Dermatologie und Venerologie über die Alopecia areata als Immundermatose. Von 1990 bis 1994 arbeitete er als Leitender Oberarzt an der Uni-Hautklinik der FU Berlin. 1994 wurde er Direktor der Universitätshautklinik in Magdeburg und übernahm den Lehrstuhl an der Otto-von-Guericke-Universität. 2015 erfolgte nach 21 erfolgreichen Jahren seine Emeritierung.
Für die DDG brachte die Präsidentschaft Gollnicks (2003 bis 2007) wesentliche Impulse für die Professionalisierung der Arbeit: Bereits 2001 hatte er als Generalsekretär zusammen mit DDG-Präsident Prof. Wolfram Sterry die DDG-Geschäftsstelle in Berlin gegründet. In seiner Amtszeit setzte er die Idee um, die DDG-Tagungen neu zu strukturieren und von einer darauf spezialisierten Firma organisieren zu lassen. Das war eine kluge und zukunftsweisende Entscheidung und der Beginn einer (auch finanziellen) Erfolgsgeschichte. Die englischsprachige Ausgabe zur weiteren Internationalisierung des JDDG geht auf ihn zurück. Er entwarf die Satzung und rief die Gründung der Deutschen Stiftung für Dermatologie ins Leben. Zehn Jahre vertrat er unser Fach im Wissenschaftlichen Beirat der Bundesärztekammer (BÄK) und von 2001 bis heute hat er verantwortlich die Weiterbildungsbelange unseres Faches in der BÄK vertreten.
Im Kontext seiner über 750 wissenschaftlichen Veröffentlichungen und weiteren Beiträge sind zwei Werke hervorzuheben: Das 2009 zur Feier des 120-jährigen Bestehens der DDG initiierte umfangreiche Buch „Geschichte der deutschsprachigen Dermatologie“, in dem auch die langbestehende Tradition der Beziehungen zu den osteuropäischen Gesellschaften den gebührenden Platz bekamen.
Und das neu strukturierte Whitebook Dermatology „The Challenge of Skin Diseases in Europe“ (5.Aufl. 2017 und 6. Aufl. 2020) des EDF, das einen weiten Überblick über das Fach im europäischen gesundheitspolitischen Kontext vermittelt und an dessen Zustandekommen Prof. Gollnick als Editor maßgeblich war.
Die DDG profitiert von seinem nicht nachlassenden Engagement und seiner großen Fachkenntnis als Alt-Präsident und langjähriges Vorstandsmitglied.