Zum Hauptinhalt springen

Dr. Ernst Wiethoff-Preis für Dr. Stefanie Eyerich

Die Forschungsergebnisse der Nachwuchswissenschaftlerin, zur Ursache von Schuppenflechte und Neurodermitis, ermöglichen völlig neue therapeutische Ansätze. Dafür wurde Frau Dr. Stefanie Eyerich mit dem Dr. Ernst Wiethoff-Preis ausgezeichnet.

Im Interview berichtet die junge Ärztin über die Zielsetzung der Arbeit und der Dermatologe Prof. Thomas Luger, Direktor der Hautklinik des Universitätsklinikums Münster, bewertet die Bedeutung ihrer Studie.

 

Frau Eyerich, was war die Zielsetzung Ihrer Arbeit?

Eyerich: Die Studie hat letztendlich mit einer sehr verblüffenden, klinischen Beobachtung begonnen. Wir haben Patienten gefunden, die im gleichen Organ – der Haut – zwei entzündliche Erkrankungen gleichzeitig aufweisen: die Psoriasis und das atopische Ekzem. Das war insofern verwunderlich, da beide Erkrankungen klinisch sehr unterschiedlich ausgeprägt sind und auch eine ganz unterschiedliche Pathogenese zeigen. Um zu verstehen, welche Mechanismen hinter dieser Co-Existenz stecken, haben wir diese Patienten als experimentelles Modell genommen und untersucht, welche Zellen für die Ausprägung dieser Erkrankungen verantwortlich sind.

Was ist aus Ihrer Sicht das Bedeutende an dieser Studie, Herr Prof. Luger?

Luger: An dieser Arbeit sind zwei Aspekte hochinteressant. Zum ersten Mal konnte gezeigt werden, dass eine Co-Existenz der Neurodermitis und der Psoriasis tatsächlich möglich ist – zwei Krankheiten, von denen man der Meinung war, sie könnten nicht gemeinsam auftreten. Dies wurde an Hand von klinischen und immunologischen Parametern in überzeugender Weise dargestellt. Der zweite bemerkenswerte Aspekt an dieser Studie ist, dass eine klinische Beobachtung als Ausgangspunkt für patho-mechanistische Untersuchungen herangezogen wurde, welche die Möglichkeit völlig neuer therapeutische Optionen aufgezeigt haben. Insgesamt handelt es sich um eine hochinteressante klinisch wissenschaftliche Arbeit, welche von enormer Relevanz für die zukünftige Erforschung dieser beiden Erkrankungen sowie für die Entwicklung neuer von neuen Behandlungsstrategien ist.

Welche Implikationen haben die Studienergebnisse für die Forschungsbereiche Psoriasis und Neurodermitis?

Eyerich: Seit Langem wird darüber diskutiert, ob beide Erkrankungen epithelialen Ursprungs sind oder ob es sich um Fehlstörungen des Immunsystems handelt. Wir haben nachweisen können, dass die Störung im Immunsystem dominant gegenüber der epithelialen Fehlstellung ist. Aufgrund dieser Ergebnisse wird sich letztlich der Forschungsbereich der Psoriasis und des atopischen Ekzems mehr der Immunologie zuwenden. Es wäre wünschenswert, dass sich die Forschung dahin entwickelt, dass die zugrunde liegende Fehlstörung im Immunsystem vielleicht irgendwann therapeutisch korrigiert werden kann.

Weisen die Studienergebnisse auf einen bestimmten therapeutischen Ansatz hin?

Luger: Insbesondere für das atopische Ekzem haben die Ergebnisse dieser Arbeit tatsächlich ein neues, mögliches therapeutisches Fenster aufgetan. Offensichtlich gibt es beiden Erkrankungen ähnliche zugrunde liegende Mechanismen. Dies wurde durch eine interessante Beobachtung untermauert, wonach ein erfolgreich zur Behandlung der Psoriasis eingesetzter Antikörper, welcher gegen das Zytokin IL-23 gerichtet ist, auch bei Patienten mit atopischem Ekzem eine gute Wirkung zeigt. Diese Beobachtung ist völlig neu und muss sicherlich noch durch kontrollierte klinische Studien mit einer größeren Anzahl von Patienten untermauert werden. Abgesehen davon ergeben sich dadurch auch völlig neue Ansatzpunkte für die Entwicklung von Medikamenten mit antiinflammatorischer Wirkung.

Was bedeutet das konkret für Patienten, die an Psoriasis oder Neurodermitis leiden?

Eyerich: Wie Prof. Luger zuvor schon erläutert hat, konnten wir zeigen, dass Biologika therapeutisch sehr effizient im Falle der Psoriasis wirken und konnten dies nun auch für das atopische Ekzem erstmalig beschreiben. Uns ist aber zudem aufgefallen, dass Patienten immer sehr individuell betrachtet werden müssen. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein Biologikum bei allen Patienten gleich wirkt. Wir konnten im Rahmen der Studie auch feststellen, dass sich bei einer sehr effizienten Therapie der einen Erkrankung die andere Erkrankung verschlechtert. D.h. im Rahmen der personalisierten Medizin müssen Patienten in Zukunft genau charakterisiert und co-existierende Erkrankungen aufgedeckt werden, um für den jeweiligen Patienten die optimale Therapie zu finden.

Frau Eyerich, was bedeutet dieser Preis für ihre zukünftige wissenschaftliche Arbeit?

Eyerich: Dieser Preis motiviert natürlich ungemein. Es ist sehr schön zu sehen, dass Kollegen und andere Wissenschaftler diese Arbeit wertschätzen. Das motiviert uns dazu, weiterzumachen. Die Forschung ist teilweise ein sehr frustrierendes Geschäft, doch mit solch einem Preis hat man wieder den Mut und die Motivation, den Weg weiterzugehen.

Wohin geht der Weg? Welches Forschungsziel werden sie als nächstes verfolgen?

Eyerich: Wir forschen natürlich weiter auf dem Gebiet der Psoriasis und des atopischen Ekzems. Diese Patienten, die beide Erkrankungen zur gleichen Zeit aufweisen, ermöglichen es uns, zugrunde liegenden Mechanismen detailliert aufzudecken und spezifische Unterschiede herauszuarbeiten. Diese Unterschiede wiederum wollen wir letztendlich einmal therapeutisch nutzbar machen.

Dann dürfen wir gespannt sein, wie es weitergeht?

Eyerich: Auf jeden Fall. Die hier ausgezeichnete Arbeit legte bereits im Jahr 2011 den Grundstein für unsere weiterführende Forschung und die Folgeergebnisse sind schon sehr vielversprechend.

Vielen Dank für das Interview.

Seit 2003 verleiht Abbott jedes Jahr den „Dr. Ernst Wiethoff-Preis“ für wegweisende klinische Forschung. Der Preis richtet sich speziell an junge Wissenschaftler bis zum Alter von 38 Jahren, die innovative Originalarbeiten verfasst haben. Die Auszeichnung ist mit einem Preisgeld in Höhe von 25.000 Euro verbunden.

 

Erstellt am
27.11.2012
Autor
Nina Schwarz
Themen
NachrichtenAuszeichnungen / Preise