Als Clinician Scientist kliniknah zur Therapie des metastasierten Aderhautmelanoms forschen
Im Interview berichtet Dr. med. Elias Koch über sein Forschungsprojekt, indem er untersucht, durch welche Epitope sich T-Zellen stimulieren lassen, um langfristig die Behandlung des metastasierten Aderhautmelanoms zu verbessern. Dr. Koch arbeitet als Assistenzarzt an der Hautklinik des Universitätsklinikums Erlangen.
„Das Clinician Scientist Programm gibt mir die Chance, an meinen Forschungsprojekten intensiv zu arbeiten und als Wissenschaftler zu wachsen, was ohne die Förderung in dem Maße nur schwer erreichbar wäre.“ Elias Koch
Frage: Herr Dr. Koch, was hat Sie motiviert, sich für das Clinician Scientist Programm zu bewerben?
Dr. Elias Koch (EK): Für mich war bereits im Studium klar, dass ich an einem Universitätsklinikum tätig sein möchte, um wissenschaftlich arbeiten zu können. Allerdings musste ich schnell feststellen, dass die Wissenschaft im Klinik-Alltag zu kurz kommt. Um geschützte Forschungszeiten zu erhalten, war es naheliegend, mich als Arzt in dermatologischer Weiterbildung für das Stipendium der Deutschen Stiftung für Dermatologie zu bewerben.
Frage: Sie beschäftigen sich mit dem sehr seltenen Aderhautmelanom, das jedoch zugleich der häufigste intraokuläre Tumor des Erwachsenen ist. Warum ist dieser Forschungsgegenstand für Sie interessant und was macht die Behandlung dieses Tumors so herausfordernd?
EK: Ich durfte zwei Jahre in der klinischen Einheit der Experimentellen Immuntherapie arbeiten und habe dort primär therapeutische Studien betreut, bei denen Patientinnen und Patienten mit metastasiertem Aderhautmelanom zelluläre Immuntherapien erhielten. In dieser Zeit habe ich die Studienteilnehmenden sehr eng betreut. Keine richtigen Therapiealternativen anbieten zu können und den Tumoren praktisch beim Wachsen zuzuschauen, war für mich sehr frustran und zugleich auch prägend. Seitdem beschäftige ich mich wissenschaftlich überwiegend mit dem Aderhautmelanom, das durch die niedrige Mutationslast fast unsichtbar für unser Immunsystem ist.
Frage: Am Uniklinikum Erlangen wird seit vielen Jahren auch zum Thema Immunreaktion gegen Tumorzellen geforscht. Ihr Projekt „Experimentelle T-Zell-Stimulation mit Neoantigenen im Aderhautmelanom in vitro“ ordnet sich hier ein und nimmt vor allem die Tumorpeptide in den Blick. Wie werden diese selektiert und experimentell überprüft?
EK: Anhand von NGS (Next Generation Sequencing)-Daten kennen wir die häufigsten Mutationen im Aderhautmelanom. Jede dieser Mutationen führt durch den Transkriptom-Apparat der Zelle zu verschiedenen Peptiden, sogenannten Neo-Antigenen (oder Tumorepitope), die häufig keine Funktion besitzen. Diese Tumorepitope haben wir produziert und anhand von publizierten Algorithmen für die Spenderinnen und Spender individuell die Peptide ausgewählt, die eine hohe Affinität zu deren MHC-Klasse-I-Rezeptoren besitzen. Anschließend werden mit diesen Neoantigenen T-Zellen aus dem Blut der Spenderinnen und Spender in einer mehrwöchigen Zellkultur stimuliert. Letztlich wird getestet, ob diese Peptide in der Lage sind, eine T-Zell-Antwort auszulösen. Falls sich das ein oder andere Antigen als immunogen erweist, wird mittels Einzelzell-RNA-Sequenzierung der Rezeptor definiert, der das spezifische Epitop erkennt. In einem weiteren Schritt soll kontrolliert werden, ob transfizierte T-Zellen mit dem Rezeptor in der Lage sind, Tumorzellen zu töten.
Frage: Warum kann man diese Form der Forschung als Paradebeispiel von „bench-to-bedside"Forschung bezeichnen? Wie könnten in Zukunft Patientinnen und Patienten davon profitieren?
EK: Ein längerfristiges Ziel ist es, eine T-Zell-Rezeptor-Datenbank zu erstellen. Wenn eine umfassende Datenbank besteht, wäre es prinzipiell möglich, Tumorgewebe von Patientinnen/Patienten zu sequenzieren, um zu schauen, welche spezifischen Mutationen diese aufweisen. Abhängig von den Mutationen könnte man sich an der TCR-Datenbank bedienen und T-Zellen mit den entsprechenden Rezeptoren beladen. Diese beladenen T-Zellen könnte man dann den Patientinnen/Patienten verabreichen. Parallel dazu wäre auch denkbar, im Rahmen einer DC-T-Zell-Therapie, dendritische Zellen der Patientinnen und Patienten mit den immunogenen Peptiden zu beladen und sie den Erkrankten zu injizieren.
Frage: Was bedeutet das Clinician Scientist Programm für Sie? Was ist Ihr Zwischenfazit?
EK: Das Clinician Scientist Programm gibt mir die Chance, an meinen Forschungsprojekten intensiv zu arbeiten und als Wissenschaftler zu wachsen, was ohne die Förderung in dem Maße nur schwer erreichbar wäre. Das macht mich sehr dankbar, da es schon immer mein Ziel war, eine akademisch-wissenschaftliche Laufbahn zu verfolgen. In meinen Augen wäre es für junge Dermatologinnen und Dermatologen mit Forschungsinteresse ein eklatanter Fehler, sich nicht für derartiges Stipendium zu bewerben.
Vielen Dank für das Gespräch!